Nur noch 10 Wochen und mein Auslandsjahr ist schon wieder rum. Ich hätte nie gedacht, dass die Zeit so schnell verfliegt. Ob ich aufgeregt bin, fragen mich die Leute hier immer. „Ja, ich glaube schon“, antworte ich. Ich bin sicher aufgeregter als vor einem Jahr. Denn wie College-Präsident Rizzuto bei der Abschlussfeier am College sagte, es wird ein „bittersüßer Abschied“.
Wie in letztes Mal schon erwähnt, kamen mich auch meine Eltern und meine Schwester Ende März besuchen. Meine Familie war von den freundlichen und gastfreundlichen Amerikanern und von der Schönheit des Landes begeistert.
Ich entdeckte mit „meinen Gästen“ immer wieder neue Dinge die mich an Amerika erstaunten.
Wir hatten eine schöne Zeit und ich konnte ihnen zeigen, wie mein „Amerikanischer Alltag“ aussieht.
Außerdem sind wir natürlich auch etwas gereist. Unser erster „Roadtrip“ führe und über Santa Fé zum Grand Canyon und dann über Monument Valley wieder zurück. Der zweite Ausflug ging quer durch den Bundestaat Colorado (dessen Gesamtfläche übrigens genau einem Dreiviertel der Fläche Deutschlands entspricht und der damit 17 Mal größer ist als Thüringen).
Mein Praktikum läuft super und mir werden mit auch immer anspruchsvollere Aufgaben übertragen.
Außerdem habe ich mittlerweile schon einen tiefen Einblick in die amerikanische Verwaltung bekommen. Auf kommunaler Ebene ist vieles ähnlich wie auch in Deutschland. Ein paar Besonderheiten sind mir trotzdem aufgefallen.
Zum Beispiel startet man die Stadtratssitzung mit einem Treuschwur bei dem alle Anwesenden aufstehen, zur Fahne schauen, sich mit der rechten Hand an die linke Brust fast und einen Treueid schwört. Darauf folgend wird kurz gebetet und dann beginnt die Sitzung.
Demokratie in Amerika ist etwas „demokratischer“ als in Deutschland. Zwar wählen die Bürger auch hier ihre Volksvertreter, doch gibt es einige Entscheidungen die nur per Stimmzettel entschieden werden können.
Zum Beispiel: Steuererhöhungen, Wahl der Richter (lokal und Bundesrichter), strittige Entscheidungen des Stadtrats, Wahl des Leiter des Finanzamtes, Änderungen bestimmter Gesetze. Auch deshalb wird hier jedes Jahr (im November) über verschiedene Dinge abgestimmt.
Das College Semester endete vor zwei Wochen und fast alle Studenten sind bereits zu Hause. Mitte April fand am College eine der größten Veranstaltungen des Jahres die „International Foodsnight“ statt. Die Foodsnight wurde vor ein paar Jahren zum ersten Mal am College durchgeführt und erfreute sich schon immer großer Beliebtheit. Jedermann konnte komme aber auch so ziemlich alle wichtigen Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft im Landkreis ließen sich das Ganze nicht entgehen.
Wie der Name schon sagt, wurden verschiedenste Gerichte aus der ganzen Welt serviert. Außerdem hatten wir (die Internationalen Organisation des Colleges) ein kleines Programm vorbereitet. Ich begleitete eine brasilianische Studentin am Schlagzeug und wir spielten „How He Loves Us“ von John Mark McMillan.
Sprachlos und gerührt war ich als ich am Ende des Abends eine Auszeichnung für „Meine Leistungen und Beiträge“ am College und in der Gemeinde bekam.
Ein weiteres Mal sprachlos war ich bei der Abschlussfeier des Colleges. Als ich zusammen mit zwei weiteren internationalen Studenten auf die Bühne gerufen wurde um vor rund 600 Gästen eine Auszeichnung im Rahmen unserer Austauschprogramme zu empfangen. Wir hatten einen schönen Tag zum Abschluss eines tollen Jahres am Otero Junior College.
Natürlich versuche ich die verbleibende Zeit so gut wie möglich zu nutzen und habe auch noch ein paar Ausflüge unternommen.
Im März war ich zusammen mit ein paar Freunden zum ersten Mal Snowboarden.
Das hatte ich mir fest vorgenommen, da ich ja im „Rocky Mountain Staat“ bin. Das hat riesigen Spaß gemacht, auch wenn es anfangs sehr schmerzlich war.
Im April fuhren wir zu einem Macklemore Konzert in Grand Junction. Die 6 Stunden Fahrt haben sich definitiv gelohnt, denn das Konzert war super. Aber nicht nur das Konzert war klasse, sondern allein die Fahrt war atemberaubend.
Gestartet sind wir hier bei 25°C in der Prärie mit ihren endlosen Weiten, führen wir über Großstadt Denver, durch das Vorland der Rocky Mountains wo schon fast alle Bäume grün waren und auch schon Blüten trugen.
Um nach Grand Junction zu kommen mussten wir aber über die Rockies. Auf dem Weg zum Bergpass glaubten wir unseren Augen nicht, als wir plötzlich in einen kleinen Schneesturm gerieten und ca. 30 Minuten nur noch mit 40 km/h über den Highway schleichen konnten. Und dann plötzlich, als wie die Berge überquert hatten, blauer Himmel und Sonnenschein. Colorado erstaunt mich echt immer wieder aufs Neue.
Hier ist jetzt also der Sommer eingezogen und die Temperaturen liegen tagsüber zwischen 24°C und 38°C. Noch vor drei Wochen hatten wir Schnee und Eis hier. Die Leute sagen, Colorado hat (fast) keinen Frühling – man geht von -15 direkt auf + 35 Grad.
Übrigens gibt es an den Schulen hier kein hitzefrei. Es gibt nicht mal ein Wort dafür.
Während die Landwirte und Viehzüchter hier also mit der seit Jahren anhaltenden Dürre kämpfen, sind die Menschen in unseren Nachbarstaaten machtlos gegen die Gewalt der Tornados der letzten Tage.
Wir sind in Gedanken bei den Opfern und ihren Familien.
Bis bald
Tobias