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Lagebericht Nr. 9 (oder auch: einige Erkenntnisse)

Posted by on October 14, 2012

Am Montag hatte ich also, wie bereits angekündigt, einen großen Aufsatz vor mir. Ich sollte für American Studies über einen bekannten Bluesmusiker schreiben (kurzer Lebenslauf, mit welchen Musikern gab es Zusammenarbeit, was für Mysterien ranken sich um die ausgewählte Person etc.) Insgesamt sollte der Aufsatz 7 Seiten lang werden. Ich wollte über die Musikerin Bessie Smith schreiben und hatte auch schon einiges an Nachforschungen betrieben. Dann habe ich noch einmal die Arbeitsanweisungen meines Professors gelesen und –ach du liebe Güte- wir sollten einen „documentation style“ benennen und den dann auch korrekt anwenden. Tja, leider kannte ich keinen einzigen dieser Styles und musste mich erstmal schlau machen. Je nachdem welchen Style man nimmt muss man seinen Aufsatz ganz anders aufbauen. Es wird anders zitiert, die Quellen werden unterschiedlich angegeben usw. Eigentlich richtet sich der Style nach dem Hauptfach welches man studiert, also die Wissenschaftler haben einen anderen Style als die Sozialpädagogen, aber da ich kein Hauptfach habe, habe ich einfach den Style genommen, der sich am einfachsten angehört hat. Mal gucken ob es geklappt hat. : ) Der Aufsatz hat mich am Montag dann auch tatsächlich 10 Stunden gekostet.

Zwischendurch musste ich mein erstes Telefon-Interview auf Englisch halten. Ich bin ja auf der Suche nach einem Praktikumsplatz und eine der Studenten aus einer German class hat mir einen Kontakt zu einer Versicherung gegeben. Da sollte ich also heute anrufen und mich vorstellen. Erst lief auch alles ganz gut. Mr. Miller wusste gleich wer ich bin und hat ein paar Fragen gestellt. Dann gingen auf einmal im ganzen Haus die Rauchmelder an! Das war so unglaublich laut und ich musste das Gespräch abbrechen und schauen was los ist. Ich konnte nichts entdecken, also hab ich die blöden Dinger ausgemacht und Mr. Miller nochmal angerufen. Peinlich berührt hab ich mich 1.000x entschuldigt und wir haben das Gespräch fortgesetzt. Am Ende wollte er meinen Lebenslauf und mein Anschreiben per Mail haben und gab mir seine Mail Adresse. Leider war genau in der Mitte die Verbindung schlecht. Also habe ich gefragt ob er sie mir nochmal geben kann. Wieder schlechte Verbindung. Hm, also musste ich nochmal fragen. Und wieder war er mittendrin weg. Er hatte nun auch einen Kundentermin, also legten wir auf und ich betete, dass die Mailadresse richtig ist.

Völlig fertig, weil das alles so schlecht gelaufen ist, habe ich Keelee angerufen, die mir den Kontakt vermittelt hat, und mich entschuldigt. Ich habe ihr gesagt was alles schief gelaufen ist und das sie sich nicht wundern braucht, wenn ihr Kumpel (Mr. Miller) anruft und sie fragt, ob sie noch alle Latten am Zaun hat mich zu empfehlen. 10 Minuten später schreibt Keelee mir, dass sie mit Mr. Miller von der State Farm telefoniert hat und er meinte es war alles gut. Er hat ihr noch einmal in aller Ruhe seine Mailadresse gegeben, weil er sich nicht sicher war ob ich sie richtig habe.  Also habe ich mein Anschreiben auf die State Farm Versicherung umgeschrieben und mit meinem Lebenslauf an Mr. Miller geschickt. Man, das darf man wahrscheinlich gar nicht schreiben… Aber es kam eine Mail zurück, ob ich bitte mein Anschreiben ändern kann, weil ich mich nicht bei State Farm sondern Liberty Mutual bewerbe. OH. MEIN. GOTT. Peinlicher geht es echt nicht mehr. Aber Keelee hat immer über State Farm gesprochen und es mir sogar geschrieben und ich hatte nur Namen und Telefonnummer von Mr. Miller, also musste ich mich auf ihre Angabe verlassen… Naja. Eigentlich zwecklos, aber ich habe das Anschreiben geändert und nochmal verschickt. Erkenntnis des Tages: Montage sind auch in Amerika nicht so meine Tage.

Am Dienstag hatte ich dann Uni. Als ich auf meinem Weg zur ersten class war, habe ich auf dem Campus Green Halt gemacht, denn dort gab es eine Vorführung, wie schnell ein Zimmer ausbrennt wenn es erstmal Feuer fängt. Spannend und gruselig, denn erst ist nicht viel passiert, aber die Gase haben sich an der Decke gesammelt und auf einmal gab es eine fette Explosion. In American studies konnte ich meinen Aufsatz abgeben und wir haben die Klausur wiederbekommen… Keine Ahnung warum, aber ich habe ein „A“. Als ich Joann abends davon erzählt habe, dass ich bei den Aufgaben meistens keine Ahnung hatte und nur um den heißen Brei geredet habe meinte sie: „Weißt du, wie wir das hier nennen, wenn jemand keine Ahnung hat und einfach mal labert? Bullshitting.“ Erkenntnis des Tages: Ich bin gut im Bullshitting.

Mittwoch war ich mit Johanna zum Sport im Fitnessstudio der Uni verabredet. Das war lustig. Wir haben ein wenig auf dem Crosstrainer geschwitzt, ein paar Übungen auf den Matten gemacht und verschiedene Geräte ausprobiert. Das ist echt ein tolles Studio, sogar Kurse gibt es, überall hängen fette Flachbildfernseher, es riecht kein bisschen nach Schweiß, es gibt 2 Stockwerke und eine fette Basketball-/Volleyballhalle. (Die ist nur für’s Fitnesstudio, unsere Halle für die richtigen Spiele ist nochmal eine ganze Nummer größer)Und es gibt separate Duschen, nicht die üblichen blöden Gruppenduschen. Was auch toll ist: man kann umsonst mit einem Personal Trainer trainieren. Denn viele Studenten die in Richtung Fitness studieren benötigen Praxiserfahrung und bieten Trainingsstunden deshalb umsonst an. Das Beste: Die Mitgliedschaft ist in den Studiengebühren enthalten. Also quasi for free.

Nach dem Sport habe ich mich mit 2 anderen aus meiner theatre class getroffen und wir haben zusammen gelernt. Dazu sind wir in die Commons gegangen, so heißt die Mensa. Völlig zu Recht heißt sie nicht Mensa, denn das wäre eine Beleidigung. Man geht in die Commons rein, das kostet einen „swipe“ mit der Studentenkarte. Ein swipe hat einen Wert von $7. Und dann geht’s los. Sobald man drin ist, ist ALLES umsonst. Und man darf so lange bleiben wie man will. Es gibt nicht eine große Küche, sondern es gibt viele kleine Bars, es ist ein wenig wie in der Wandelhalle am Hbf. Und zwischendurch ganz viele Tische, Getränkebars etc. Total toll und super gemütlich. Das Essen ist auch super gut, die Commons der KSU ist auf Platz 5 der besten Mensas aller Unis in Amerika. Es gibt was das Herz begehrt: von Pizza und Burger über Vegane Menüs und Pasta bis hin zu Chinesisch und einer riesen Auswahl an Nachtisch. Zum Glück habe ich keine swipes auf meiner Karte und muss mich daher immer einladen lassen. Sonst würde ich fett werden. : D

Als wir fertig gelernt haben, habe ich mich mit einem anderen Mädel aus meiner theatre class getroffen und wir sind nach Atlanta gefahren. Für unsere class mussten wir uns im Georgia Shakespeare Theatre das Stück Macbeth ansehen. Wir sind sehr zeitig gestartet –zum Glück. Denn wir haben uns in Atlanta sowas von verfahren… Um kurz vor 8 haben wir es tatsächlich ins Theater geschafft und um 8 ging das Stück auch schon los. Zum Glück habe ich vorher das Buch gelesen und zum Glück waren die Schauspieler sehr gut, denn ich habe KEIN WORT von dieser alt-englischen Sprache verstanden. : D Auf dem Rückweg haben wir uns entschieden, dass wir noch nicht nach Hause möchten, also sind Jordan und ich noch was essen gegangen und haben einen Club besucht. Der Club war voller Hispanics und wir beide sind ziemlich aufgefallen: Blond und einen Kopf größer als alle anderen im Raum. : D Aber wir hatten unseren Spaß und nach ein paar Songs sind wir wieder nach Haus gefahren. Erkenntnis des Tages: Ich mag die KSU.

Am Donnerstag war ich dann gleich das 2. Mal in der Commons. Einer der Studenten die Deutsch lernen hat mich gefragt, ob wir uns ein bisschen auf Deutsch unterhalten können. Also haben wir uns eine Stunde bevor meine classes losgehen getroffen und ein wenig gequatscht und er hat von seinen Plänen erzählt ein Praktikum in Deutschland zu machen. Das war sehr nett (und das Essen sehr lecker) und ich bin danach vollgefuttert in meinen Unterricht gestartet.  Erkenntnis des Tages: Mit vollem Magen studiert es sich besser.

Am Freitag habe ich eine ganze Menge organisiert. Ich bin zum Tag Office gefahren und habe gefragt wann denn wohl mein Nummernschild ankommt. Und siehe da: Donnerstag wurde es gedruckt und soll im Laufe der Woche ankommen. Wehe wenn nicht. : D Danach war ich bei der Bank of America. Dort war ich ja am ersten Wochenende hier in Amerika mit Joann um mein Konto zu eröffnen. Und dort durfte ich mir meinen Pin aussuchen. Aber irgendwie habe ich den wohl falsch eingetippt oder so, jedenfalls konnte ich bis jetzt meine Karte nicht benutzen, da der Pin falsch war. Bis jetzt habe ich es immer vor mir hergeschoben zur Bank zu fahren und das zu regeln (und zwischendurch habe ich es dann vergessen) aber am Freitag habe ich dann meinen Pin geändert und jetzt ist die Karte endlich benutzungsfähig.

Dann habe ich doch tatsächlich einen Anruf von Mr. Miller bekommen, dass ich im 2. Bewerbungsschritt bin! Ein Wunder ist geschehen. Am Montag wird er Kontakt mit mir aufnehmen und wir werden das weitere Vorgehen besprechen…Mal sehen, was ich noch so falsch machen kann in den nächsten Schritten.

Wieder zu Haus habe ich ein wenig ferngesehen und meine Sachen gepackt für das, was mir am Abend bevor stand: Mein erster haunted trail plus Übernachtung bei Leslie. Die Amerikaner drehen ja etwas durch was Halloween angeht und so gibt es hier den ganzen Oktober lang alle möglichen verschiedenen Attraktionen die man besuchen kann. Verschiedene Gruppen / Schulen / Organisationen machen haunted houses, haunted trails, haunted hayrides etc. und jeder versucht gruseliger zu sein als der andere. Und so wurde ich –stolze Trägerin des Titels: „Größter Schisser der Welt“- von Leslie, Dustin und Bryan genötigt mir sowas auch anzutun.

Zur Beruhigung der Nerven waren wir zunächst bei Applbee’s etwas essen und einige Margarithas trinken und haben dort auch Jonathan getroffen. Dann sind wir zu fünft zum haunted trail gefahren. Kurz nach 11 waren wir dann also da: Irgendwo im Nirgendwo vor einem dichten Wald, der Eingang zum haunted trail war ein riesiger ekelhafter Clownsmund. Kurz Eintritt bezahlt und los ging es. Durch stockfinstere Gebäude, durch falsche Spnnenweben, über einen Friedhof wo Zombies aus den Gräbern gestiegen sind, an Werwölfen vorbei die aus dem Gebüsch gesprungen kamen und gejagt von blutenden Gestalten, die einen mit ihrer Motorsäge schlachten wollen, haben wir es bis zum Ende gemeistert. Gruselig.

Noch gruseliger war allerdings Jonathan, den ich an dem Abend ja nun kennengelernt hatte. Was für ein… Er sieht schon aus wie man sich einen Redneck vorstellt, aber was er vom Stapel gelassen hat, setzt dem ganzen wirklich die Krone auf. Frauen sind nicht Ladies oder Women, nein, bei Jonathan sind es Bitches. Schwule sind seiner Meinung nach ekelhaft und dumm (ich weiß gar nicht wie oft er das gesagt hat, aber wir haben weder einen Schwulen gesehen, noch über das Thema geredet…Wollte er wohl einfach mal loswerden) und das die USA einen schwarzen Präsidenten haben ist für ihn die Schande schlechthin. Klar, dass er nicht African-American gesagt hat oder zumindest Black, wenn er über Obama gesprochen hat. Nein, das Wort wiederhole ich nicht. Und leider hat er das Wort auch nicht nur einmal an diesem Abend benutzt… Schrecklich, solche Leute. Die anderen haben nur gelacht und das als Geschwätz eines Betrunkenen abgetan. Aber ich finde das ist keine Ausrede. „Kinder und Betrunkene sagen die Wahrheit“ heißt es im deutschen Volksmund und deshalb glaube ich, dass das einfach seine traurige Einstellung zur Welt ist. Und nein, ich habe nichts gesagt. Auf so einem Niveau diskutiere ich nicht.

Joann meinte am nächsten Tag, dass das leider hier in Georgia die traurige Wahrheit ist. Viele Republikaner und viele Dorfleute, die in ihrer kleinen Schublade denken. Zum Glück ist sie ganz anders, sehr weltoffen und hat eine gesunde Einstellung zum Leben und gegenüber anderen Menschen! Erkenntnis des Tages: Mein erster Redneck war hoffentlich auch mein letzter. Sonst werde ich sauer. (Ich wollte erst nehmen: “Memo an mich selbst: Redneck trail -die Geschäftsidee wenn es RICHTIG gruselig werden soll”)

Der Samstag begann um 9 Uhr. Leslie hat Zimtschnecken gebacken und mir die Waffensammlung von Dustin gezeigt. Und dann hat Dustin einfach mal morgens eine Runde im Garten geschossen. Was soll man auch sonst machen, an einem langweiligen Samstagmorgen in Georgia, wo die Babys mit einer Knarre in der Hand geboren werden. : D Um 10 kam Joann und wir sind zu viert in den Norden in die Berge von Georgia gefahren und haben uns mit Joanns Schwester Kathy und ihrem Mann Tom getroffen. In den Bergen stehen die berühmten Apfelbäume (ja, ich gebe zu, nicht weltberühmt, aber immerhin in Georgia berühmt. Und das ist größer als Deutschland) und es gibt jede Menge Apfelfarmen. Auf einer solchen Farm waren wir auch und dort gibt es alles, was das Apfelherz begehrt: Apfelcider, alle nur erdenklichen Sorten Äpfel, Apfelbrot, Apfelkuchen, Apfelmarmelade, Apfelchutney, Apfelsenf… Nachdem wir uns mit allem eingedeckt haben sind wir in ein kleines Örtchen gefahren, dessen Namen ich leider schon wieder vergessen habe. Dort sind wir durch die Einkaufsstraße geschlendert, die jede Menge kleiner Schnick-Schnack Läden zu bieten hatte. Aktuell hat das Thema Halloween mal wieder die Oberhand gehabt und so mussten Leslie und ich ein paar Outfits ausprobieren…

Auf unserem Weg nach Haus hatten wir dann das Glück, ganz viele blühende Blumen zu sehen. Bei den milden Temperaturen kann man ja mal den Überblick über die Jahreszeiten vergessen und so hat sich diese Sorte Blumen entschieden einfach mal Mitte Oktober zu blühen. Die ganze Autobahn ist jetzt von Blumen gesäumt. Atemberaubend schön!

Wieder daheim angekommen habe ich mein Dirndl für die 2. Benutzung bereit gemacht und mich auf das Oktoberfest in Atlanta vorbereitet. Als ich so zurechtgemacht ins Wohnzimmer gegangen bin meinte Joann, dass ich endlich so aussehe, wie Amerikaner sich das vorstellen. : D Zu fünft sind wir nach Atlanta gefahren und haben dort zunächst einmal das Viertel „Atlanic Station“ unsicher gemacht. Dort ist es total süß, viele Bars, Restaurants, Läden und Stände und eine tolle Atmosphäre. Wir haben gerade in einem mexikanischen Restaurant gegessen, als eine Gruppe Jugendlicher angepirscht kam und mich fragte, ob ich ein Foto mit ihnen machen würde. Die deutsche Attraktion. ; ) Nach dem Essen sind wir in einen Laden gegangen, in dem ich auch gut und gerne wohnen könnte. Ein Süßigkeiten- und Eisparadies! Und das Beste: Man kann das Eis probieren wenn man möchte! Einer der Verkäufer hat uns einmal das ganze Sortiment durchtesten lassen, was es nicht gerade leichter gemacht hat sich zu entscheiden… Nachdem unser Eis aufgegessen war sind wir dann –welch Ironie- in einem Irishpub auf’s Oktoberfest gegangen. Naja. Irland ist in Europa und Europa ist Europa. Irgendein Einheitsbrei aus verschiedenen Ländern halt. : D Dort war es sehr lustig und wir hatten unseren Spaß. Als wir uns dann irgendwann auf den Weg nach Haus gemacht haben, liefen dann tatsächlich nur Lieder im Radio, die wir mitsingen konnten. Und so fuhren wir im Auto mit 5 Mädels lauthals singend und lachend nach Hause. Erkenntnis des Abends: Mädels, seid lieb zu mir, ich habe alles aufgenommen. : )

Und nun ist Sonntag. Study-Day. Ich habe bis halb 11 immer mal wieder geschlafen und liege auch jetzt noch im Bett (halb 2). Mein Tagesplan sieht vor, dass ich noch eine Hausaufgabe für American Studies machen werde und dann mal gucke was sich noch so ergibt. Auf jeden Fall nichts aufregendes mehr, ich habe mir fest vorgenommen heute den ganzen Tag meinen Pyjama anzubehalten! Erkenntnis des Tages: Gääääähn. I love lazy days.

Euch allen auch einen wunderbaren lazy day und einen tollen Start in die Woche!
Küsschen, Julia

3 Responses to Lagebericht Nr. 9 (oder auch: einige Erkenntnisse)

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