browser icon
You are using an insecure version of your web browser. Please update your browser!
Using an outdated browser makes your computer unsafe. For a safer, faster, more enjoyable user experience, please update your browser today or try a newer browser.

Lagebericht Nr. 2 (oder auch: gut, dass ich ‘nen Akzent hab…)

Posted by on August 27, 2012

Meine zweite Woche in Acworth begann am Montag damit, dass ich morgens das erste Mal allein in meinem Auto zum Campus gefahren bin. Aufregend! Dort habe ich dann Joann, Johanna, Nina und Tim aufgegabelt und wir sind zusammen nach Marietta gefahren, wo das Social Security Büro ist. Dort haben wir unsere Social Security Nummer beantragt, die man dringend benötigt um Arbeiten zu können und den amerikanischen Führerschein zu machen. Das ging zum Glück alles reibungslos von der Bühne. Ansonsten war der Tag sehr entspannt und ich war am Pool und abends ungesundes Essen einkaufen (jaaaa UND aufessen. Ich geb’s ja zu). Und dann ging es auch schon ins Bett, denn morgen war ja mein großer Tag…


Nach einer unruhigen Nacht war er Dienstag endlich da: Mein erster Tag an der Kennesaw State University! Um 9:30 Uhr fing meine erste Stunde an, gleich zum Beginn der schwierigste Kurs: „Principles of Finance“. Puh. Der Professor hat einen starken mexikanischen Akzent und bei dem (nach seiner Aussage) pupseinfachen Quiz welches er mit uns durchging habe ich mal so gar nichts verstanden. Dieser Kurs war also ein Reinfall, aber zum Glück war „Add and Drop“ Woche, wo man die Kurse noch tauschen kann. Mein zweiter Kurs war dann nach 1:45h Pause „ Arts in Society: Theatre and Performance“. Super Lehrer, klasse Kurs. Ich glaube da werde ich viel Spaß haben. Gleich im Anschluss hatte ich dann „Introductory Psychology“. Das ist ein riesiger Kurs mit 250 Studenten und die Professorin ist sehr streng, aber ich denke auch hier werde ich meinen Spaß haben UND einiges für’s Leben lernen. Dann hatte ich wieder 1:45h Pause und anschließend meinen letzten Kurs „Human Communication“. Der ist echt toll und hat Zeug zum Lieblingskurs. Unsere Dozentin ist die Anwesenheitsliste durchgegangen (immerhin 80 Leute) und jeder sollte wenn sein Name drankommt sagen wie er gerne genannt werden will, woher er kommt und eine Sache die besonders an ihm ist. Dabei hat man die coolsten Sachen erfahren und es gibt schon jetzt eine tolle Klassengemeinschaft. (Ok, ein paar Beispiele: Einer wurde der Oberarmknochen entfernt weil sie Krebs hatte und durch Seekoralle ersetzt. Wahnsinn. Einer hat einen Hund dabei, weil er Diabetes hat und der Hund Alarm schlägt, wenn sein Glukosewert im Atem sinkt. Eine fand es scheinbar toll, dass sie ein Auto mit Schaltung fahren kann… (Es wurde aber mehr ge-oooooht, als ich sagte, dass ich letzte Woche das erste Mal Automatik gefahren bin.) Und eine aus unseren Kurs ist aus Deutschland und hat nen total komischen Akzent. : D) Nach dem langen Tag bin ich dann erschöpft aber glücklich nach Haus gefahren und bin quasi von der Haustür ins Bett gefallen.


Mittwoch konnte ich erstmal wieder ausschlafen. Dann bin ich nach Downtown Acworth gefahren und hab dort ein wenig gestöbert und Sportschuhe gekauft. Danach war ich bei Publix einkaufen, weil ich abends für Joann und mich kochen wollte. Und dann war ich am Pool und hab abends noch Hausaufgaben gemacht: Wir hatten ein Online Diskussionsforum in das jeder schreiben sollte, was er von Kommunikation hält, welchen Standpunkt sie in seinem Leben hat und was wir von dem Kurs erwarten. Naja, ich hab geschrieben, das ich mich noch unwohl fühle englisch zu reden und zu sprechen, Angst habe vor peinlichen Fehlern und deshalb nicht so viel rede. Und das ich in Deutschland am laufenden Band sabbel und deswegen das Gefühl habe, das s ich momentan ein kleines Kommunikationsdefizit habe und hoffe, dass der Kurs mir hilft selbstbewusster und sicherer zu werden. Das war auch schon der Mittwoch und vollgefuttert mit Spaghetti Bolognese lag ich dann im Bett. (Juhuuu, das erste selbst gekochte Essen seit meiner Ausreise…und das hab ich noch ich gekocht. : D)


Am Donnerstag war der 2. Tag an der Uni. Gleiche Kurse, gleiche Reihenfolge. Und der Entschluss stand endgültig fest: Den Finance-Kurs wechsel ich! Das halte ich nicht ein Jahr aus… Abends würde ich gucken welche Kurse es noch gibt. Ansonsten habe ich für meine 3 anderen Kurse die Bücher organisiert und bin relativ gut dabei weggekommen: $225. Das ist ok… Ein paar Bücher konnte ich gebraucht kaufen und eins ausleihen für das Jahr. Hätte ich alle Bücher neu gekauft wäre ich gut beim Doppelten gelandet. In der Pause habe ich dann unser Diskussionsforum von der Hausaufgabe in Communication noch einmal geöffnet, um mir die anderen Beiträge anzusehen. Und musste feststellen, dass mein Eintrag die meisten Resonanzen hatte! Alle waren so lieb und haben aufbauende Dinge geschrieben. Das war mal wieder sehr rührend und ich glaube nicht, dass dieses Gefühl viele Ausländer in Deutschland vermittelt bekommen würden.


Abends habe ich meiner Collegekoordinatorin dann eine Mail geschrieben, welche Kurse ich als Ersatz für die Financeclass ausgewählt habe. Abends kamen dann Johann, Nina und Tim vorbei und wir planten unseren Ausflug am Wochenende nach Charlotte, um Tims Auto abzuholen. Anschließend tauften wir Mädels unsere Autos: Der von Nina heißt „Rusty“, da er schon etwas Rost angesetzt hat. Der von Johanna „Ritzi“, da die Sitze schon etwas zerrissen sind. Und mein kleiner Chevrolet heißt nun „Rocco“, damit sein Name auch mit „R“ anfängt (für die Insider: UND weil der Name Filbert schon an den Lupo vergeben ist, der Chevi aber aussieht wie eine Schildkröte und ich wieder an „Roccos modernes Leben“ denken musste)


Am Freitag hatte ich frei.  Ich hatte eine Antwort von meiner Collegecoordinatorin. Ich sollte versuchen online die Kurse zu wechseln und wenn das nicht ginge, dann zur Uni fahren und dort nachfragen. Online ging natürlich nicht, also ab zur KSU. Dort hieß es dann, dass die Drop und Add Phase schon vorbei sei und ich den Kurs nicht wechseln könne… Ohoh. Es folgte mein erster Versuch des Experiments „Versuche deinen deutschen Akzent so einzusetzen, dass a) du Mitleid erregst weil du so schlecht englisch sprichst, b) du süß bist weil du so schlecht englisch sprichst oder c) die anderen so genervt sind, weil du so schlecht englisch sprichst, sodass du jeweils deshalb das bekommst was du willst“. Es hat geklappt. Ich glaube es war Genervtheit. : D Auf jeden Fall durfte ich den Kurs wechseln und jetzt habe ich einen perfekten Stundenplan: weiterhin nur Dienstags und Donnerstags Kurse, um 12:30pm geht die Uni los und sie ist –wie zuvor- um 6:15pm vorbei.


Anschließend wollte ich mich um meinen Emmissons Test kümmern, den ich brauchte um meinen Title (Fahrzeugbrief) umschreiben zu lassen. Ich habe also eine Servicestation gesucht und dort gesagt ich bräuchte den Test. Der Werkstattmensch war sehr nett und hatte sichtlich seinen Spaß mit mir… Ich sage nur Südstaatenakzent. Er nuschelt etwas, das scheinbar heißen sollte, dass ich mit meinen Vorderreifen auf den Prüfstand fahren sollte. Ich fuhr mit den Hinterrädern drauf. Er lachte sich tot. Er nuschelte danach, dass ich die Motorhaube öffnen sollte. Ich öffnete den Kofferraum. Er machte sich fast in die Hose vor Lachen. Und dann fragte er scheinbar nach dem Baujahr. Ich verriet ihm mein Geburtsjahr. Er kugelte sich fast und ich bekam den Test umsonst. (Ok, b) klappt auch, der fand mich scheinbar süß) : D Immerhin $20 gespart und einen Menschen glücklich gemacht…


Abends gingen Joann und ich dann mit den Hunden raus. Schon immer spannend mit 4 Hunden zu zweit draußen zu sein und JEDES Mal frage ich mich, wie sie das allein schafft. Dieses Mal ist auf jeden Fall Stella ausgebüchst. Das war ein Spaß, denn sie ist wirklich wie ein geölter Blitz durch die Straße gelaufen und durch jeden Vorgarten gesaust. Bis sie dachte es wäre lustig die Nachbarskatze zu ärgern. Die Nachbarskatze, die gefühlte 2x größer ist als Stella und das irgendwie nicht so witzig fand. Da rannte Stella auf einmal noch ein wenig schneller, (und das sogar mit Katze auf dem Rücken, RESPEKT!) jaulte und versuchte die Katze abzuwerfen. Das hat dann auch geklappt und wir haben es irgendwann wieder nach Haus geschafft. (Bei jedem Auto das kam, gab es einen Herzinfarkt gratis: „Das der Hund jetzt bloß nicht im Schweinsgalopp die Seite wechselt…“)


Samstag ging unser erster Roadtrip los! Ab nach Charlotte, North Carolina! Der Tag fing schon mal äußert lustig an: Johanna sollte in ihrem Auto fahren, wir anderen wollten morgens um 10 Uhr bei ihr sein. Ich sollte Tim abholen, der ja noch nicht mobil war. Also ab nach Kennesaw, Tim eingepackt und Joannas Adresse ins Navi eingegeben. Hm. Als wir dann in einem Trailerpark waren in dem komische Gestalten herumliefen und alte Kleidung auf der Straße verkauft wurde haben wir gemerkt das wir falsch sind. Ich hab leider ein „e“ im Straßennamen vergessen und zufälligerweise gibt es eben genau diese Straße ohne „e“ in Acworth auch. : D Fail. Wir haben es dann aber verspätet doch noch zu Johanna geschafft und haben uns auf den Weg gemacht. Ab durch Georgia, South Carolina und dann rein in North Carolina. 5 Stunden Fahrt und ein paar lustige “wir-rennen-an-der-roten-Ampel-um-das-Auto”-Spielchen später waren wir in Charlotte angekommen. Dort haben wir direkt in der Stadt geparkt und dann die Gegend unsicher gemacht.

Nächste Woche soll in Charlotte ein großer Kongress der Republikaner stattfinden. Scheinbar haben sich alle mit einer entgegengesetzten Einstellung gedacht: Hauen wir mal vor denen auf den Putz. Und wir sind direkt in das Charlotte Pride Festival reingeraten. (Jepp, eine Art CSD…nur irgendwie amerikanisch) Da waren jede Menge bunte Vögel unterwegs und die Stimmung war unglaublich cool. Das war scheinbar ansteckend. Irgendwie fanden Tim und ich uns jedenfalls mit „Free Hug“ Schildern über das Gelände laufend wieder und haben jeeeede Menge Umarmungen verteilt und bekommen. Mission „deutsch-amerikanische-Freundschaft stärken“ war also für den Tag gebongt. Nach vielen neuen Eindrücken haben wir dann telefonisch versucht ein Hotel für die Nacht zu bekommen und haben das ultimative Schnäppchen gefunden: Ein Zimmer für 4 Personen inkl. Frühstück für $90. Einchecken konnten wir rund um die Uhr. Besser geht es nicht! Also haben wir unsere Tour durch die Stadt weiter fortgesetzt und ein Restaurant mit Brauerei entdeckt. NATÜRLICH mussten wir dort rein, schon allein weil wir unsere Brauerin Johanna dabei hatten. Und weil die Amerikaner wirklich liebe Menschen sind, haben wir auch eine kleine Sonderführung durch die Brauerei bekommen, als die Kellnerin hörte, dass Johanna vom Fach ist. Satt und zufrieden sind wir weiter durch Charlotte gewandert und fanden unsere Endstation für diesen Abend: eine tolle Bar mit Livemusik namens „Howl at the moon“. Das Besondere an der Livemusik war, dass sich 2 Pianos gegenüberstehen und die Pianisten quasi zusammen spielen, aber miteinander konkurrieren. Und was auch klasse ist: Man kann sich Lieder wünschen. So wurde von Pitbull über Elvis bis Country alles gespielt. So gegen 1 ging es ins Hotel, denn es lag ein anstrengender Tag hinter und ein anstrengender Tag vor uns.


Der Sonntag begann schon um kurz nach 7, da das Frühstück nur bis 9 ging und wir einen Moment brauchten mit 4 Leuten und einem Badezimmer. Nach dem Frühstück fuhren wir los um endlich Tims Auto abzuholen. Als wir ankamen sprang Tim aus dem noch fahrenden Auto und rannte –seltsam quietschende Töne von sich gebend- auf seinen weißer 95er Camaro namens la Jacqueline zu. (Also er muss definitv Schmerzen im Gesicht haben, ich habe ihn den ganzen Tag nur noch grinsend gesehen) Nachdem die Fahrzeugübergabe erledigt war fuhren wir los Richtung Heimat. In South Carolina gab es dann noch einen Zwischenstopp im Outletcenter (ja, dieses Mal sprang ich aus dem noch fahrenden Auto und gab komische Geräusche von mir..) und ich war in meinem persönlichen Himmel!!! Guess!!! Eine Handtasche, einen Minirock, eine Hotpants, eine Sporthose und eine neue Bluse später und um $150 leichter (lächerlich, in Deutschland nicht mal eine halbe Handtasche von Guess) setzten wir unsere Tour fort.

In Acworth angekommen schwang ich mich in mein Auto und machte mich auf den Weg nach Haus. Ca. 150m vor unserer Auffahrt war hinter mir ein Polizeiauto. Ca. 100m vor unserer Auffahrt war das Blaulicht an und ich hielt am Straßenrand. Was ich also in 7 Jahren in Deutschland nicht geschafft hatte, war mir schon nach nicht mal 3 Wochen USA vergönnt… Wie es uns gesagt wurde also Hände sichtbar auf dem Lenkrad lassen, nicht nach den Unterlagen suchen. Officer: „Sie wissen warum ich Sie anhalte?“ (Ok, Zeit für a) Mitleid für die Deutsche, hoffen wir das es klappt) Ich: „Ja, weil ich kein Nummernschild habe?“ Officer: „Ja. Dann besteht der Verdacht, dass das Auto gestohlen wurde. Außerdem geht das Rücklicht nicht.“ Ich: „Nein, Sir! Das ist mein Auto. Ich bin erst 3 Wochen in den Staaten und habe noch kein Nummernschild!“ Officer: „Zeigen Sie mal die Unterlagen!“ Ich zeige ihm die Unterlagen, er fragt nebenbei. „Woher kommen Sie?“ Ich: „Deutschland.“ Officer: „Ich wurde in Stuttgart geboren!“ (Strike! : D) Ich: „Das ist ja wunderbar!“  Officer: „Es gibt eine Gesetzesänderung. In Georgia war es erlaubt mit einem neuen Auto 30 Tage ohne Nummernschild zu fahren. Das ist jetzt nur noch eine Woche. Sie fahren schon 2 Wochen ohne.“ Ich: „Oh nein! Aber morgen wollte ich meinen Title umschreiben lassen und das Nummernschild holen…“ Officer: „Naja… Ich werde Ihnen kein Ticket geben… Lassen Sie das Bremslicht reparieren und kümmern Sie sich morgen um die Plate (Nummernschild). Viel Spaß noch in den Staaten!“ Ich: „Danke, Sir!“ (Strike!!! : D) Naja, viel ist nicht mehr passiert. Ich habe mich noch etwas mit Joann über das Wochenende ausgetauscht und das war es.


Und jetzt schnell ab in die Heia, Morgen startet eine neue Woche mit vielen Erlebnissen. Ich muss mein Versprechen gegenüber dem Officer halten und mich um die Autosachen kümmern. Und am Wochenende über Labor Day fahre ich mit Joann an die Ostküste nach Savannah… Haltet die Ohren steif und schaut nächste Woche wieder rein!


Ich drücke euch! Eure Julia

9 Responses to Lagebericht Nr. 2 (oder auch: gut, dass ich ‘nen Akzent hab…)

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *